Sand ohne Ende oder das Ende des Sandes?

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Feb 19: Sand ohne Ende oder das Ende des Sandes?

Schönberg/Laboe/Kiel - Die Gemeinde Schönberg hat ein echtes Problem. Der heftige Sturm am 1. November vergangenen Jahres hat den wichtigsten Tourismus-Magneten, den Strand, teilweise sandfrei gespült. Aber, das ist inzwischen amtlich, Schönberg bleibt mit dem Problem allein.

Von Norbert Zimmer

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Sand in Hülle und Fülle findet der Urlauber in Laboe. Klaus Röttgering: „In der geschützten Förde endet die Sandwanderung.“      Fotos: Zimmer (2), Schmidt

Sowohl Wirtschaftsminister Dietrich Austermann als auch Landwirtschafts- und Deichminister Christian von Boetticher haben es abgelehnt, Schönberg mit Geld zu helfen, um Sand an die Strände zu spülen. Und das Amt für ländliche Räume (AlR), zuständig für die Deichsicherheit, sagt schließlich: Der Deich sei nicht gefährdet. Und hinzugefügt wird Hoffnung: „Der Sturm nimmt den Sand, der Sturm bringt ihn (irgendwann) auch wieder.“

Ein Blick in die Geschichtsbücher und auf aktuelle Luftbilder zeigt allerdings, dass das AlR mit der Sandwanderung vor der Probsteier Küste offenbar nicht vertraut ist. Herausgefunden hat dies Klaus Röttgering, Ministerialrat im Bildungsministerium, der in Laboe lebt, und der in früheren beruflichen Etappen bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und im Landwirtschaftsministerium Erfahrungen in Sachen Sandwanderung und Küstenschutz sammeln konnte. „Der Sand wird sicher nicht wiederkommen“, sagt Röttgering. Im Gegenteil: „Schönberg muss davon ausgehen, dass es immer wieder Sandverluste geben wird.“

„Der Sand wird sicher nicht wiederkommen“. Zum Beweis führt Röttgering die geographische Lage der Probstei-Küste in der Ostsee an. Bei Starkwind oder Sturm aus Richtung Westen wird das Wasser der Ostsee in östliche Richtung (Polen, Estland, Lettland) gedrückt. Der Wasserstand an der Probstei-Küste ist dann niedrig; zerstörerische Brandung kann durch den ablandigen Wind kaum entstehen. Folge: Die Erosion des Strandes hält sich in Grenzen.

Anders die Situation bei östlichen und nördlichen Windrichtungen: „Hier kommen Hochwasser und starke Brandung durch den dann auflandigen Sturm mit zerstörerischer Wirkung zusammen.“ Mit Winden aus östlichen Richtungen werden die durch die Brandung abgetragenen Sandmassen im Laufe der Jahre parallel zur Küste in Richtung Kieler Förde gespült. „Dieser Prozess“, sagt Röttgering, „kommt im geschützten Gewässer bei Laboe zur Ruhe. Gleichzeitig lässt die Brandung dort nach“.

Die Analyse führt zu der Prognose, dass weitere Stürme immer wieder dazu führen werden, dass der Sand vor der Probsteier Küste in Richtung Wendtorf und Laboe gespült wird, aber niemals nennenswert in die andere Richtung. Lohnt es sich also wirklich, darauf zu warten, dass der Sand irgendwann von allein zurückkommt, wie die Verantwortlichen vom AlR behaupten?

Schon der kurze Blick zurück spricht eher dafür, dass Röttgerings Annahmen stimmen. Während vor der Schönberger Probstei-Küste der Sand verloren geht, haben die westlich davon gelegenen Gemeinden Wendtorf und Laboe eher ein Problem mit zu viel Sand. Im Wendtorfer Hafen klagen beispielsweise Segler immer wieder darüber, dass die Hafeneinfahrt versandet, eng und flach wird. Und in Laboe müssen Badegäste sich weit in die Förde hineinbewegen, um ihre Hüften umspülen zu können: Sand ohne Ende.

Der weite Blick zurück erlaubt erst recht die Annahme, dass der Sand, der in Schönberg fehlt, in Laboe gelandet ist. Nachgelesen hat Klaus Röttgering das in der Laboer Chronik. Dort wird beschrieben, dass das ganze Unterdorf, also der Bereich, wo sich heute zum Beispiel das Rathaus und der Probsteier Platz befinden, auf Sand aus Schönberg gebaut ist – auf der so genannten „Kolberger Heide“. Ortschroniker Pastor Schmidt aus Schönberg schreibt 1813: „Der größte Teil der am Laboer Strand liegenden Wiesen hat sich bei der Sturmflut am 10. Februar 1625 hier abgesetzt und ist Teil der untergegangenen Kolberger Heide.“ Und in Karten aus dem Jahr 1643 sind die Sand- und Bodenmassen – noch frisch und unbebaut – bereits zu sehen. Die „Kolberger Heide“ an der nördlichen Probsteiküste kann seitdem niemand mehr betreten. Sie existiert nur noch in Seekarten.

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„In Laboe wird man bald nicht mehr schwimmen können“, fasst Röttgering zusammen, „so dass sogar der Bau einer Seebrücke brandaktuell werden könnte“. Das seien zwar auch Probleme – wenngleich (auch für den Tourismus) viel angenehmere, als jene vor Schönberg.

Ein Problem sieht der Ministerialrat aber nicht nur kurzfristig für den Tourismus, sondern mittelfristig auch für die Deichsicherheit. Würde die Gemeinde nämlich in Ermangelung

von Geld auf Sandvorspülungen verzichten, dann würden die nächsten Stürme den Unterbau des Deichfußes annagen. Und wenn das wiederholt geschieht, dann kann das Bollwerk eines Tages unterspült und zerfressen werden. Röttgering: „Fachlich ist unbestritten, dass Sand-Depots vor schar (blank) liegenden Deichdeckwerken für diese und für den Deich insgesamt einen zusätzlichen Schutz darstellen, weil sie bei Hochwasser den direkten Wellenangriff auf den Deich bremsen. Auch die teuren Sandvorspülungen vor Sylt sind vorbeugender Küstenschutz.“

Technisch ist die Lösung des Problems eigentlich ganz einfach: Laboe und Wendtorf haben zuviel Sand, Schönberg zuwenig. Das Problem besteht lediglich darin, den Transport von hier nach dort zu bezahlen. Eine Sandfang-Lösung mit starren Bauteilen, wie sie der Heikendorfer Erfinder Rudi Behrendt vorgeschlagen hat (wir berichteten), sieht der Experte allerdings nicht: Diese würden der Wucht der Wassermassen niemals standhalten.

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Laboe, 1643: Im unteren Teil des Bildes ist die Kolberger Heide zu sehen, die 1625 vor der Schönberger Probsteiküste untergegangen ist. Heute stehen dort die meisten Geschäfte und das Rathaus.

Geschrieben von C. Saager in Gemeinde, Natur, Tourismus

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